trampen 1/2
als älterer jugendlicher und junger erwachsener bin ich häufig getrampt; autostopp hieß das anderswo. ich bin durch deutschland gefahren, nach england und "nach Hause" von hannover nach bevensen.

ich fasse erstmal einige fahrten nach bevensen zusammen.

am sonnabend morgen, kein unterricht in der chemieschule, bin ich mit der straßenbahn richtung altwarmbüchen gefahren und noch ein, zwei kilometer zu fuß gelaufen; heute ist das alles autobahn.

einmal wurde ich von einem betrunkenen mitgenommen. betrunkene waren besonders hilfsbereit. ich glaube, mein fahrer hatte auf der strecke in eschede kurz was zu erledigen, ich könnte ja weiter versuchen. wenn es nicht klappt, nimmt er mich weiter richtung bevensen mit. nee, nochmal in dieses auto, nein, ich versteckte mich hinter ein paar bäumen an der straße und wartete ihn ab, immerhin hatte ich diesmal genug zeit; als tramper hat man die meist nicht; zeit ist nicht kalkulierbar. dann kam das auto, fuhr an mir vorbei und ich konnte wieder an der straße stehen und die hand rausstrecken.

einmal nahm mich eine frau mit, wir waren uns gleich sehr sympathisch. möchten sie ein belegte scheibe brot, ich hab noch eine. gern, ich hatte hunger. auf halber strecke war sie zuhause, nur wenig entfernt von der bundesstraße. ob ich kurz mitkommen wolle, bei ihr zu hause läuft ein fest, ich fahre sie dann wieder zur straße. viel weiß ich dann nicht mehr, nur dass sie mir gleich ihre tochter vorstellte, die aber keinerlei interesse hatte, mit mir zu reden. hinterher dachte ich, dass die frau es schade fand, dass ihre tochter so desinteressiert war. sie brachte mich dann zurück zur bundesstraße und mich nahm dann bald jemand mit.

einmal kontrollierte ein motoradfahrender polizist meine papiere.

als ich mal bis uelzen kam, noch 15 km, stand ich am ortsausgang. ein auto fuhr vorbei, der fahrer machte dieses zeichen: "bin nur vor ort unterwegs"; tja, mensch, warum nimmst du mich nicht mit, denn ich wollte auch „nur“ vor ort bleiben, das war der chef vom eiscafé pellegrini aus bevensen.

als ich einmal zuhause angekommen war, sagte mein schwager zu mir: du gehst erst zum friseur, dann kannst du hier übernachten. nein, sagte ich, und ging zu meinem freund michael, wo ich übernachten konnte.


meine haare waren jahrelang immer wieder thema.
sowas gibt es heute nicht mehr.
mädchen sangen mir mal zu, ich wünsch mir zum geburtstag einen beatle. einmal kamen wir nach dem theaterbesuch in hannover im löwenbräu an: sie kommen hier nicht rein! (wir waren im anzug!) und dann bei einer freizeit des hannover-kollegs in verden fuhren wir mit einem käfer zu einer kneipe und krökelten da. da kam einer, legte mir einen groschen auf den rand des spieltisches und sagte: für den friseur. kaum zu glauben heute. wir spürten eine aggressivität bei ihm und seinen freunden und so besprachen wir uns, dass wir auf kommando die kneipe verlassen und zum auto rennen wollten. Als alle bezahlt hatten, liefen wir schnell los, erreichten das auto, ohne dass wir weiter schwierigkeiten bekommen haben. (auf meiner england-tour hab ich noch eine haar-geschichte erlebt.)

die mutter von meinem schwager war herzensgut, wie man so sagt, und sie fand das nicht gut von ihrem sohn. das leben ist so kurz, sagte sie, warum muss man sich das unnötig schwer machen. mein schwager war an sich auch wie seine mutter. schließlich nahm er mich zwei jahre in seinen haushalt auf, die hätten mich sonst ins waisenhaus gesteckt. aber wir haben keinen draht zueinander gefunden. darunter litt auch meine schwester etwas. im grunde hab ich ihm nie gedankt, mich aufgenommen zu haben und deshalb kümmere ich mich nach seinem tod auch besonders um meine schwester. weil ich ein schlechtes gewissen habe. bei toten kann man sich nun mal nicht mehr entschuldigen.

wo ich in überall rumgefahren bin, weiß ich heut nicht mehr genau, frankfurt, köln, trier, luxemburg, england. da war ich auf jeden fall.

ich wurde direkt am grenzübergang nach luxemburg abgesetzt. ich ging über die grenze und wartete dort, um meinen ausweis vozuzeigen. der grenzbeamte herrschte mich an, gehen sie doch weiter, hier gibt es nichts zu kaufen. wenn man die tortur der DDR-grenze kannte, dann war das ein erlebnis! über die grenze ohne kontrolle!! auch in england gab es lediglich den immigration officer, der ließ einen freundlich weiterziehen, nachdem er ein paar fragen gestellt hatte.
in luxemburg, bei herrlichem wetter, schloss ich mich einer gruppe an und wir tranken an einem großen tisch draußen bier. als so etwa alle ausgetrunken hatten, stand plötzlich einer auf und ging weg, die anderen relativ eilig auch. ich haute dann auch ab, obwohl mir das sehr unangenehm war. aber allein bezahlen? vll hätten die gesagt, ich solle die ganze zeche bezahlen?

einmal nahm mich ein herr im citroën DS21 mit, ein ziemlich teures auto. er erzählte so allerlei, schmiss eine plastiktüte aus dem fenster und sagte, die produziere er und wenn es mal blöd kommt, dann fahre ich woanders hin, die welt ist groß. ziemlich ekelhafter typ.
einmal hielt sogar eine isetta, dieses komische gefährt. ich nehme sie mit, weil der wagen eine bessere straßenlage hat, wenn zwei personen drinsitzen. naja.

in köln war ich in der jugendherberge, ich frankfurt besuchte ich die mannschaft des dortigen linken buchladens. es gab bei dem frankfurter und dem berliner buchladen einen himmelweiten unterschied. in frankfurt war ich praktisch nur zur kenntnis genommen worden, aber nicht unfreundlich. mehr aber nicht. in berlin hatten wir uns zwar vorher angemeldet, aber da waren wir ganz offensichtlich willkommen. wir konnten da übernachten, feierten zusammen und besuchten einmal ein konzert eines alten blues-musikers, champion jack dupree.
die berliner wollten da hin, wir natürlich mit. der auftritt war in der potsdamer straße; selbst für berliner nicht leicht zu finden, denn in berlin gibt es mehrere potsdamer straßen. aber sie fanden die richtige und wir warenschließlich da. er saß am klavier, spielte unheimlich geschickt herrlich anzuhören. wir zuschauer machten sozusagen einen kreis um ihn rum. irgendwann ging eine junge frau an ihm vorbei. er hörte mit dem spielen auf und fragte, wohin sie wolle. sie müsse mal austreten, sagte sie. achso, sagte er und spielte weiter. das wirkte nicht wie eine störung, sondern wie ein musikalisches gesamtkunstwerk. es war ein erlebnis.

auf einer rückfahrt (regen, regen – gab es es auch mal) nahm mich ein geistlicher aus fulda mit, er war wohl enttäuscht, dass ich nicht nach fulda wollte. welch ironie des schicksals, da ich doch mein referendariat jahre später in fulda absolvierte.


 

-----------
-

 

 

 

Ich interessiere mich für sehr unterschiedliche Dinge:
Internet,
Musik, Naturwissenschaften, Politik (aber nicht dauernd), Literatur (z. B. Märchen), aber auch für Drachen (schließlich mein Wappentier), für Schnee (!) und für Hexen. Hexen = das ist missverständlich und ich habe schon besorgte Reaktionen dazu bekommen. Deshalb eine kurze Definition: der Begriff "Hexe" wird meist in der christlichen Deutung verwendet, das ist aber ein politisch-religiöser Kampfbegriff, um die Herrschaft des seinerzeit aufkommenden Christentums nicht zu gefährden. Die "Hexen" waren z. B. "Kräuterweiber" mit dem Verständnis für natürliche Zusammenhänge, für Menschen, insbesondere für Frauen (die in der christlichen Welt in eine untergeordnete Rolle gepresst wurden). Hexen sind eine Erinnerung an die vorchristliche Naturverbundenheit. - Und wenn man will, kann man hier den Bezug zu meiner Gothic-Vorliebe erahnen.

oder mit anderen Worten:
Das Bild der Hexe, wie wir es aus den bekanntesten Märchen kennen, ist sehr einseitig. Als Kinderschreck ist sie alt, hässlich und böse. Dabei ist diese Vorstellung, Relikt aus der spätmittelalterlichen Hexenverfolgung, nur ein Aspekt unter vielen.
Der Glaube an Hexen reicht weit in die vorchristliche Zeit (…) zurück. Ursprünglich war die Hexe eine Priesterin der großen Muttergottheit. Sie war ambivalent, d. h. sowohl helfend und heilend als auch bedrohend und vernichtend. In den Mythologien verschiedener Völker spielt die Hexe als große Magierin eine wichtige Rolle. Sie war zwar gefürchtet, genoss aber auf Grund ihres Wissens als Ratgeberin großes Ansehen.
Aus: Märchen von Hexen und weisen Frauen.Hrsg.: Sigrid Früh


Irgendwann habe ich wohl den Link zu meiner Schiller-Arbeit hier gelöscht.
Jetzt ist er jedenfalls wieder da:

FRIEDRICH SCHILLERS HISTORISCHE SCHRIFTEN


Literarische Wirkungsabsicht und rhetorische Tradition [Handlungshemmung] im 18. Jahrhundert

Eine germanistische Hauptseminar-Arbeit über das 18. Jahrhundert. Auch wenn es einige Vorkenntnisse voraussetzt, kann man dieser Arbeit manches Interessante entnehmen, z. B. das Cool-Sein schon im 18. Jahrhundert. - Es folgt hier ein einführender Text, der die Verwendung dieser Arbeit erleichtern soll. Vieles Denken und Fühlen, was wir so als einmalig und normal und gegeben hinnehmen - hat sich entwickelt und das vor allem in diesem 18. Jahrhundert!

V 19


Haftungsausschluss: Ich übernehme keine Haftung für die Inhalte externer Links.

 

website security